Kurzfilm
THE EDIT SPACE FÖRDERPREIS SCHNITT
Der Nachwuchspreis für Editor*innen als zentraler Bestandteil von Edimotion wird 2024 bereits zum neunzehnten Mal verliehen. Der mit 2.500 € dotierte Preis prämiert die beste Montage eines Kurzfilms. Seit 2011 können sich auch Editor*innen aus Österreich und der Schweiz bewerben.
Die Regularien finden Sie hier.
PREISTRÄGERIN 2024
Der The Edit Space Förderpreis Schnitt ging 2024 an Leila Fatima Keita für den Schnitt des Kurzfilms The Silence of 600 Million Results.
Die Jurybegründung: "Wie einen Film machen, der keine Identifikationsfigur hat? Aber mit dem sich trotzdem sehr viele Menschen identifizieren können. Ein verspielter Film voller Humor, in dem so viel Komplexität steckt. Nicht moralisch, sondern persönlich. Ganz nach dem Motto: das Private ist politisch. Das Erschlagenwerden von Einflüssen, die Überforderung des Moments, die Gleichzeitigkeit unserer modernen Welt wird in den verschiedenen Handlungssträngen miteinander verwoben. Eine universelle Geschichte, über eine Welt von Computern und Handybildschirmen. Die Editorin beweist ihr erzählerisches Talent in einem entschiedenen und mutigen Schnitt. Kein Moment wird zu lange gehalten, ein toller Rhythmus, mit einem stimmigen Ende."
Ein Interview mit Leila Fatima Keita
Die Protagonistin deines Films „The Silence of 600 Million Results“ erfährt, dass sie ungeplant schwanger geworden ist und wir erleben ihre Suche nach Antworten zu der Frage, wie sie damit umgehen soll, über die Bildschirme ihres Laptops und ihres Smartphones. Welche Herausforderungen gab es für dich bei diesem Desktop-Film?
Sophie Lahusen hat mir für den Schnitt zahlreiche Videos und Fotos zur Verfügung gestellt. Zusätzlich entstand auch einiges an Footage durch Bildschirmaufnahmen, die ich im Schnittraum erstellt habe. Im Laufe des Montageprozesses erhielten wir Erfahrungsberichte von Menschen, die eine Abtreibung erlebt haben – sowohl in Audio- als auch in Videoform. Diese Berichte haben wir versucht, organisch mit dem übrigen Material zu verweben.
Anfangs arbeiteten wir ausschließlich mit deutschsprachigem Material. Da wir jedoch wollten, dass der Film auch international gesehen werden kann, haben wir nach einer Pause nochmals neu begonnen und eine englische Version produziert. Bei Desktop-Filmen ist es immer eine Herausforderung, zusätzliche Untertitel zu integrieren, da oft bereits viel Schrift auf dem Bildschirm vorhanden ist.
Abtreibung ist ein sehr emotionales und aufgeladenes Thema für viele Menschen. Welche erzählerische Haltung habt ihr für den Film in der Montage gesucht?
Wenn das Thema Abtreibung in Filmen vorkommt, wird es häufig stark vereinfacht und einseitig dargestellt. Zu oft sehe ich Filme, in denen eine weiße, cis-hetero Frau nach einer Abtreibung weinend unter der Dusche steht und sich über den Bauch streicht. Häufig wird gezeigt, dass eine Abtreibung das gesamte Leben verändert – doch eine ungewollt ausgetragene Schwangerschaft kann dies ebenso tun.
Diese einseitige Darstellung halte ich für sehr problematisch, denn Abtreibungen betreffen Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen, und niemand sollte sich für eine Abtreibung rechtfertigen müssen. Es war mir persönlich wichtig, dass der Film zwar eine emotionale Note hat, das Thema jedoch auch aus politischer, medizinischer und sozialer Perspektive beleuchtet wird. Um zu verhindern, dass der Film eine individuelle Geschichte erzählt, haben wir uns entschieden, unsere Protagonistin nie sichtbar zu zeigen, damit sich alle Zuschauer:innen angesprochen fühlen können.
War immer klar, dass man die Protagonistin nie sehen wird?
Im Laufe der Montage kam immer wieder die Sorge auf, dass der Film ohne sichtbare Protagonistin kühl und schwer greifbar wirken könnte. Aber es ist ja nicht so, dass gar keine Menschen auf dem Bildschirm zu sehen wären. Wie gesagt, wir haben Videos und Erfahrungsberichte von verschiedenen Personen erhalten und zusätzlich im Internet Material von Abtreibungsgegnern sowie der Pro-Choice-Bewegung gesammelt, um im Film zu zeigen, was auf eine schwangere Person alles einwirkt. Es war oft schwer zu entscheiden, wie viel Raum wir beispielsweise den Abtreibungsgegner:innen geben sollten, da es teilweise sehr abschreckende und unrealistische Videos gibt, die Betroffenen ein schlechtes Gewissen machen sollen. Gleichzeitig wäre es aber auch falsch, einen Film zu machen, der die gesamte Situation nur durch eine rosarote Brille zeigt. Ich hoffe uns ist eine gute Balance gelungen.
Auf jeden Fall! Auch weil du dich in einzelnen Szenen von der Realität des Desktops verabschiedest und die digitalen Bilder zu einer Art „Stream of consciousness“ der Protagonistin werden. Du verwendest dann zum Beispiel ziemlich aufwendige Bild-in-Bild-Montagen. Wie wichtig war es für dich, diese poetische Freiheit in der Bildgestaltung immer wieder im Film einzusetzen?
Da ich ADHS habe, arbeite ich oft sehr assoziativ und nutze diese Freiheit gerne, um kreativ und intuitiv vorzugehen. Ich liebe es zu basteln und mache in meiner Freizeit gerne Collagen. Sophie kannte auch meine anderen Arbeiten und wusste, dass ich gerne Neues ausprobiere. Sie hat mir daher viel Freiheiten gelassen, und ich bin ihr dankbar für dieses Vertrauen.
Woran arbeitest du aktuell und wo können wir deinen nächsten Film sehen?
Momentan liege ich krank im Bett und erhole mich vom Trubel der letzten Wochen. So einen tollen Preis bekomme ich ja nicht alle Tage, und mein Körper muss das alles erst mal verarbeiten :).
Tatsächlich habe ich gemeinsam mit einem guten Freund, Felix Klee, einen weiteren Desktop-Film über Tiere in Google Maps gemacht, der Ende Oktober bei DOK Leipzig Premiere feierte.
Interview: Werner Busch
Nominierungen 2024
© privat David Graudenz
Nominiert für den The Edit Space Förderpreis Schnitt mit HERRSCHAFT
David Graudenz studierte zunächst Musikproduktion und Film an der FH Salzburg. Seit 2022 studiert er an der Filmakademie Wien Drehbuch und Regie.
Filmografie (Auswahl)
2024 Herrschaft. Kurzdokumentarfilm. David Graudenz.
2024 Killin' Void – I Regret. Musikvideo. David Graudenz
2022 Sündenbock. Kurzfilm. David Graudenz.
2023 Kugellager. Kurzfilm. Stelle Refle.
© Leila Fatima Keita Leila Fatima Keita
Leila Fatima Keita studiert seit 2020 Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Seit 2022 fokussiert sie sich im Hauptstudium auf Montage. Im Rahmen eines Stipendiums zur Förderung der Chancengleichheit forscht sie im Bereich der Medienwissenschaften und identifiziert sich als queer und mit Behinderung lebend. Sie konzipiert Workshops zu den Themen Stereotype, Neokolonialismus und Rassismus in den Medien.
Filmografie (Auswahl)
2024 Altering Ego. Kurzfilm. Caspar Wallrabe.
2023 The silence of 600 million results. Kurzfilm. Sophie Lahusen.
2023 Die Verneinung. Experimentalfilm. Leila Fatima Keita.
2022 Außer Männer hatten wir nichts zu verlieren. Kurzfilm. Leila Fatima Keita.
© Agustina Sánchez Gavier Agustina Sánchez Gavier
Nominiert für den The Edit Space Förderpreis Schnitt mit NUESTRA SOMBRA
Agustina wurde in Argentinien geboren und absolvierte ihr Filmstudium an der Kunsthochschule für Medien in Köln, Deutschland. Ihr Abschlussfilm Nuestra Sombra feierte 2024 in der Directors’ Fortnight in Cannes seine Premiere. Ihr vorheriger Film Fuego Mudo wurde 2019 auf dem Filmfest Dresden uraufgeführt und unter anderem in Brooklyn, New York bei The Bush Films sowie auf dem Montreal Feminist Film Festival gezeigt. Derzeit arbeitet sie an ihrem Debütfilm.
Filmografie (Auswahl)
2024 Nuestra Sombra. Kurzfilm. Agustina Sánchez Gavier.
2019 Fuego Mudo. Kurzfilm. Agustina Sánchez Gavier.
2018 Nosotros Otros. Essayfilm. Agustina Sánchez Gavier.
2017 Kirottu, Fear and Desire. Kurzfilm. Agustina Sánchez Gavier.
2016 The Storm. Kurzfilm. Agustina Sánchez Gavier
© Francesco Sossai Francesco Sossai
Nominiert für den The Edit Space Förderpreis Schnitt mit IL COMPLEANNO DI ENRICO
Francesco Sossai wurde in den Dolomiten geboren. Sein erster Spielfilm, Altri Cannibali, feierte 2021 seine Weltpremiere auf dem Tallinn Black Nights Film Festival, wo er als "Best First Feature Film" ausgezeichnet wurde. Der Kurzfilm, Il compleanno di Enrico, feierte in diesem Jahr seine Premiere in der Directors' Fortnight des Cannes Filmfestivals.
Filmografie (Auswahl)
2024 Il compleanno di Enrico. Kurzfilm. Francesco Sossai
2023 Altri Cannibali. Spielfilm. Francesco Sossai
© Manuel Viktor Troxler Manuel Viktor Troxler
Manuel Troxler ist in Luzern geboren. Er hat Montage an der Hochschule Luzern studiert und ist Mitbegründer des Filmkollektivs stoer.bild. Seit August studiert Film Editing an der Zürcher Hochschule der Künste und montiert aktuell den Langdokumentarfilm Von Pflanzen und Menschen.
Filmografie (Auswahl)
2023 Remember, broken crayons colour too. Kurzfilm. Urša Kastelic, Shannet Clemmings.
2021 Rome. Musikvideo. Lucas Ackermann
2020 Liebe Grüsse aus dem Anthropozän. Kurzfilm. Lucas Ackermann.
2019 Ethereality. Kurzfilm. Kantarama Gahigiri.
Vornominierungen 2024
Elias Bötticher für Schlafsand
David Fabra für The Hidden Dimension
David Graudenz für Herrschaft
Leila Fatima Keita für The Silence of 600 Million Results
Miri Klischat für Swinging
Niklas Lipski für The Sea of Dirac
Silvan Marty für Das ist keine Figur, das ist Verrat
Jan Mocka für Hammertime
Agustina Sánchez Gavier für Nuestra Sombra
Corina Schwingruber Ilić für Been There
Francesco Sossai für Il Compleanno di Enrico
Manuel Viktor Troxler für Remember, Broken Crayons Colour Too
Pia van den Bruck für Bissfest
Georg Vogler für Blutsschwestern
Archiv Preisträger*innen
2023 Selin Dettwiler für Bär
2022 Ilya Gavrilenkov für Vibration - Inner Music
2021 Fabio Thieme und Famil Aghayev für Suite
2020 Sianne Gevatter für Nacht Ueber Kepler 452B
2019 Jessica Rudolph für Peng!
2018 Florian Pawliczek und Johannes Klais für Fasse dich kurz!
2017 Maximilian Merth für Sara the Dancer
2016 Anna Grenzfurthner für Wartezeit
2015 Sebastian Mez für Substanz
2014 Steffen Hand und Erik Schmitt für Nashorn im Galopp
2013 Pablo Ben-Jakov für Good Soil
2012 Kathrin Dietzel für Über rauhem Grund,
2011 Rolf Hellat für I ovo je Beograd
2010 Stefanie Brockhaus für Das Kind in mir
2009 Szilvia Ruszev für Wagah
2008 Tobias Suhm für Escape
2007 Rudi Zieglmeier für Bildfenster/Fensterbilder
2006 Wolfgang Weigl für Fair Trade
2005 Marty Schenk für Leroy räumt auf